Herrn S. späte Liebe

Herr S. ist frisch verliebt. Das ist typisch für sein Alter. Er ist in den besten Jahren, die Bartstoppeln sind grau, die Karriere ist im Griff, die Frau spielt Golf. Herrn S. fehlt es bisher an nichts. Bis auf das gewisse Kribbeln. Und das ist jetzt wieder da.
Jünger sieht er aus. Sportlich kommt er daher. Er schlurft nicht mehr ins Stamm-Café, er tänzelt. Er lächelt selig, wenn ihn jemand auf seine neue Liebe anspricht. Jaaaa, das stimmt, sagt er. Sie ist entzückend. Maja heißt sie. Aber nicht nach der Biene.
Die anderen reden von Fußball und von Insolvenz-Berichten auf der Wirtschaftsseite. Herr S. redet nur von Maja. Letzten Sonntag haben Sie Picknick gemacht. Wie sie tollten und liefen und die ganze Welt neu entdeckten. Jeden Grashalm einzeln. Wie die Welt duftet, wenn man verliebt ist! Glücklich wie ein junger Hund ist Herr S.

Maja ist nicht nur wunderschön, sagt Herr S. Die lernt auch wahnsinnig schnell dazu. So jung und schon so auf Draht. Immer lustig. Selten beleidigt. Nur Kaffeehäuser mag Maja nicht besonders. Dieses ewige Geplapper über Fußball und andere Pleiten. Der Rauch. Und lauter fremde Leute.
Maja ist trotzdem mitgekommen. Herr S. wäre noch geplatzt vor Stolz, wenn er sie nicht endlich hätte herzeigen können. Zärtlich streicht er ihr über die Wange. Die Kleine schaut ihm in die Augen; ganz verliebt. Nasenstupser ohne Ende. Zum Neidigwerden. Dann gehen sie miteinander davon. Wahrscheinlich wieder tollen auf die große Wiese.
Herrn S. Frau sieht die Sache mit Maja sehr gelassen. Sie weiß, daß sie keine Chance hat. Sie findet selber, daß Maja einfach unwiderstehlich ist. Samtaugen, glänzende Haare, seidenweicher straffer Körper. Vier Monate alt. Berner Sennenhündin.